Wer lesen kann, …

…, der mag ja schon mal klar im Vorteil sein. Noch größer wird dieser Vorteil, wenn man in der Lage ist, den Inhalt des Schriftwerks darüber hinaus zu begreifen.

In jungen Jahren war es Grobi, der mir im Falle eines Zweifels sehr bildhaft und mit genügend Wiederholungen dabei behilflich war, die Bedeutung gehörter Begriffe oder ganzer Sätze zu kapieren. Ob oben oder unten, drinnen oder draußen, nah dran oder weit weg: Grobi klärte das.

„Wer nicht fragt, bleibt dumm“, lautet dann auch bis heute die Kernaussage der Sesamstraßen-Titelmelodie. „1000 tolle Sachen, usw.“ heißt es da, und weiter „Manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen.“ Wie wahr!

Irgendwann lernte ich lesen, und für Gelesenes gilt diese Regel ebenso. Viele Dinge, die ich lese, kann ich irgendwie einordnen. Sicher, längst nicht alles verstehe ich. Das muss und möchte ich ja aber auch nur, wenn mich etwas entweder genug interessiert oder sich das Geschriebene direkt an mich richtet und mein Verständnis notwendig ist, um daraufhin aktiv handeln oder etwas unterlassen zu können. In diesen Fällen hat es sich bewährt, den Sinn eines Textes zu hinterfragen, ihn nötigenfalls mehrmals und mit einer gewissen Sorgfalt zu lesen, um ihn schließlich begreifen und entsprechend darauf reagieren zu können.

(Bis hierhin Verständnisprobleme? Kann ich mir kaum vorstellen. Wenn doch: in Ruhe abwägen, ob der einleitende Satz ein wenig Interesse hervorzurufen vermochte. Bei Bedarf die problematische Stelle erneut lesen, ansonsten irgendwas Wichtiges tun!)

Aufs Lesen angewandt möchte ich demnach oben genannte Liedzeile umdichten:
„Manchmal muss man fragen oder denken oder verdammte Kacke irgendwo nachschlagen, um etwas zu verstehen.“
Passt nur leider weder ins Versmaß noch ins Kinderfernsehen. Schade.

Binsenweisheit, sollte man nun glauben. Weit gefehlt aber, wie man immer wieder feststellen muss.

Im Folgenden ein Beispiel aus dem Leben:

Ich hatte mal wieder ein Online-Schnäppchen entdeckt. Vielleicht war es auch gar kein wirkliches Schnäppchen und ich war nur zu bequem, mich per pedes auf die Suche nach dem gewünschten Artikel zu machen, aber das tut ja nichts zur Sache. Nach geübter Navigation durch Produktkatalog und AGBs betrachtete ich meinen Warenkorb, befand dessen Inhalt nach nochmaligem Abwägen diverser Fürs und Widers für kaufenswert und klickte daraufhin den nebenstehenden Button „Registrieren und Einkaufen“. Gesagt, geklickt, getan.
Während des Registriervorgangs gab ich dann routiniert alle notwendigen persönlichen Daten an, wie man das eben so macht. Name, Anschrift, Zahlungsart, zackzackzack. Bei der Auswahl „Lieferadresse wie Rechnungsadresse?“ klickte ich zunächst auf „Ja“ und widmete mich danach dem freien Feld mit der Überschrift „Bemerkungen“.

Die Begleitumstände:
Aus einer lustigen Laune heraus habe ich mich vor einiger Zeit als Kunde der DHL-Packstation angemeldet. Das kostet nichts extra, und man bekommt neben einer persönlichen Packstation-Adresse mit noch persönlicherer Post-Nummer und dazugehöriger saupersönlicher Post-PIN auch noch eine hübsch-goldene Packstation-Kundenkarte, die in der Brieftasche ganz schmuck aussieht. Das Packstation-Ding hat aber den eigentlichen Vorteil, dass Sendungen an mich, die mit der Packstation-Adresse beschriftet sind, vom Kollegen Zustellpaul gar nicht erst zu mir nach Hause geliefert werden müssen, wo sie im Falle meiner Abwesenheit ja teilweise seltsamste Niederlegungsvarianten erfahren (Nachbar, Späti, Postfiliale, Fußmatte). Mit der Packstation-Anschrift adressierte Päckchen landen im gelb-roten DHL-Container in der Nähe, ich erhalte zeitgleich sowohl SMS- als auch Mail-Benachrichtigung und hol mir den Kram dann ab, wenn ich es für richtig halte. Feine Sache, das. Und funktioniert sogar nahezu reibungslos.

Die allgemeine Situation:
Aus vielleicht nachvollziehbaren Gründen mag ich die Packstation-Variante ganz gern und versuche daher bei der Planung von Online-Einkäufen vorab herauszubekommen, welches Logistikunternehmen der jeweilige Händler standardmäßig bemüht. Im günstigen Fall ist dies die DHL, dann gebe ich als Lieferanschrift die Packstation-Adresse an, und die Sache läuft.
Leider aber geben nicht alle Händler diese Information preis.

Die spezielle Situation:
Der im vorliegenden Fall besuchte Onlineshop hielt in seinen AGBs lediglich die Information bereit, per Deutscher Post oder DPD zu versenden. Das war leider nicht sehr eindeutig.

Ich tippte während des Registrier-/Einkaufsvorgangs daher in das Bemerkungsfeld:

„Sollten Sie per DHL versenden, so verwenden Sie bitte folgende Lieferanschrift:

Olle Meia
Postnummer: 81726354
Packstation 189
10961 Berlin,

in allen anderen Fällen die oben genannte Adresse. Vielen Dank.“

Als schlichte Information gedacht, kam dies beim dortigen Bearbeiter aus irgendeinem Grund als Frage an. Der originale Wortlaut der ersten Händler-Mail nach Abschluss meiner Bestellung:

„Wir wollen mit der Deutschen Post versenden.
Welche Lieferadresse sollen wir wählen?“

Mehr nicht. Keine Anrede, kein Gruß, einfach nur dieser holprige Text.
Soso, Ihr wollt also. Immerhin.

Ich musste reagieren, also antwortete ich:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

für den Fall, dass Sie nicht nur mit der Deutschen Post versenden wollen, sondern dies auch tatsächlich tun, bitte ich Sie um Verwendung der Lieferanschrift

Olle Meia
Postnummer: 81726354
Packstation 189
10961 Berlin.

Genau dies hatte ich Ihnen übrigens bereits während des Bestellvorgangs unter Zuhilfenahme der Bemerkungszeile mitgeteilt.

Mit freundlichen Grüßen

Meia“

Kurze Zeit später erhielt ich dies (wieder Originaltext):

„Hallo,
in der Bemerkungszeile stand DHL geschrieben!!!

Olaf R. -Kundenbetreuung-„

Drei Ausrufezeichen. Ganz schön vorwitzig, Freund Olaf. Und vor allem ziemlich doof.
Was war zu tun? Klar, eine weitere Mail schrie förmlich danach, geschrieben zu werden.

„Sehr geehrter Herr R. bzw. auch Hallo,

offenbar fälschlicherweise hatte ich vorausgesetzt, dass ein Versandunternehmen wie Ihres mit den relevanten Fachtermini vertraut ist. Ich Narr! Hier eine kostenlose Info meinerseits:
Wenn Sie eine Frachtsendung bei der Deutschen Post aufgeben, dann wird diese von der DHL ausgeliefert. Klingt vielleicht komisch, ist aber so.

Mit diesem neu erworbenen Wissen wird es Ihnen nun sicherlich leicht fallen, hinsichtlich der Lieferanschrift die richtige Wahl zu treffen. Ich jedenfalls beibe gespannt.

Mit irgendwie immer noch freundlichen Grüßen

Olle M. -Kundenbetreuerbetreung-„

Ich hatte insgeheim damit gerechnet, noch einen weiteren Zweizeiler vom Olaf zu bekommen, in dem er vorsichtshalber nochmal nachfragt, was genau ich mit „Fachtermini“ meine oder ob sich Meia mit „y“ oder „i“ schreibt.

Stattdessen erhielt ich plötzlich die Bestätigungsmail meiner Bestellung. Diese war vermutlich automatisch generiert worden, denn sie hielt sich tatsächlich an eine Art Form, die ich von einem geschäftlichen Schreiben erwarte. Und ich traute meinen Augen kaum: als Lieferanschrift war meine Packstation-Adresse eingefügt worden. „Geht doch!“, dachte ich.

Ging nicht, wie sich einige Tage später herausstellte. Die Sendung landete schließlich bei einem meiner Nachbarn, da sie mit meiner Hausanschrift versehen war.

Manchmal muss man fragen. Manchmal muss man denken. Manchmal muss man aber einfach auch akzeptieren können, dass einige Menschen trotz allem dumm bleiben.

2 Kommentare

  1. Post, DHL, DPD, UPS, HERMES, TNT … da kann ja kaum einer durchblicken … wie sollte denn da einer, der täglich damit zu tun hat, noch klarkommen? :doh:

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