Hauptsache erfrischt

Bollerhitze in Deutschland.

Jede denk- und zu Hause durchführbare Tätigkeit ist schweißtreibend. Man schwitzt sogar vom Rumsitzen und Denken, eigentlich aber auch ohne das Denken. Und ich muss es ja wissen.
So ist es auch heute. Ich raffe mich auf, schlurfe Richtung Bad, entledige mich unter größter Anstrengung der ohnehin nur spärlichen Klamotten und steige unter die Dusche. Das erfrischt. Jedenfalls so lange, bis ich die Brause wieder abgedreht habe. Schwuppdiwupp – geht das Geschwitze weiter.

    Anmerkung: Eine Viertelstunde lang in der randvoll mit eiskaltem Wasser gefüllten
    Badewanne zu liegen erzielt hier die bessere, weil länger fortdauernde Wirkung, kostet aber mächtig Überwindung. Und ist scheiße unbequem.

Was also tun? Schwimmen gehen.

Schnell die Badebuxe und ein Handtuch geschnappt, ’ne Flasche Wasser aus der Kühlung genommen, Sonnencreme, ein paar Münzen, ab in den Rucksack damit, Schlüssel, hab ich alles? Okay, los.

Die Vorstellung, eine Stunde am Stück (oder mehr) im erfrischenden Wasser zu verbringen, beflügelt mich ungemein.
Übermütig beschließe ich, das Fahrrad zu nehmen. Nach geschätzten 16 Metern Fahrtweg bereue ich das bereits, mir läuft die Suppe den Körper runter, doch nun isses eben so, Umdrehen gilt nich. Ich fahre weiter. Oder besser: ich krieche weiter. Es ist wie in diesem Albtraum-Klassiker, man rennt und rennt und kommt nicht voran. Ich strample und strample und habe das Gefühl, um mich herum wäre ein Riesenklumpen durchsichtigen Wackelpuddings. Die Sonne rumpelt vom Himmel herab, der Asphalt glüht, die Luft steht, das Arschwasser brodelt, es ist die Hölle.

Und so kämpfe ich mich weiter durch die heiße Luft. Ein Mann und sein Fahrrad gegen die Strahlenkanone des mächtigen Helios. Ein schier aussichtsloser Kampf auf Leben und Tod, es zählt nichts als Willenskraft.
Als ich zum wiederholten Male fast aufgeben möchte, entdecke ich im Schatten des Straßenrandes einen Obststand. Schatten und Obst, zwei gute Gründe für eine Rast. Ich lasse mir zwei Wassermelonen vierteln und sauge sie an Ort und Stelle weg. Der Obstmann wirkt völlig unbeeindruckt von dieser Szene, sie muss sich dieser Tage schon häufiger abgespielt haben.

Ich setze meine Fahrt fort, von innen erfrischt, von außen dem Verwelken nahe. Mein Ziel im Auge, immer weiter. Auf der anderen Straßenseite, eingeschlossen in einer Menschentraube, verteilt ein offenbar verwirrter Rentner Geldscheine aus einem Koffer. Könnte ich auch was von gebrauchen, aber der Riesenumweg wäre jetzt die Sache nicht wert.

An der letzten großen Kreuzung angekommen, kann ich das Wasser schon riechen. Die letzten Meter fahre ich offenbar bewusstlos, aber immerhin zielgerichtet: Zum Wasser! Zum Wasser! Zum Wasser!

Und das nächste, woran ich mich erinnern kann ist der Moment, als mich das kühle Nass umspült. Ich habe die Augen geschlossen, genieße die Erfrischung, plansche mit Armen und Beinen herum und bin so unendlich stolz auf meine Leistung, das alles durchgestanden zu haben. Minutenlang, so kommt es mir vor, halte ich so die Augen geschlossen.

Ich bemerke, dass ich noch meine Klamotten und den Rucksack trage, was mir aber egal ist nach all den Strapazen. Dann fällt mir auf, dass es ungewöhnlich still ist um mich herum und außer mir niemand anderes im Wasser zu sein scheint. Schließlich öffne ich die Augen und stelle erschrocken fest, dass ich im Gartenteich eines Privatgrundstücks bade, einen Steinwurf vom eigentlichen Badeziel entfernt.
Der Eigentümer scheint nicht zu Hause zu sein. Das Wasser ist hervorragend, einige Bäume spenden ausreichend Schatten, die Erfrischung ist intensiver als jede Dusche, bequemer als meine Wanne, und ich habe obendrein meine Ruhe. Angenehm.

Und so bleibe ich einfach noch ein Weilchen.

3 Kommentare

  1. Und ich dachte schon beim Aha-Erlebnis beim Augenöffnen im Pool an einen anderen Anblick – hinsichtlich unseres Erlebnisses letzten Sonntag im Badeland ;)

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